Tatsächlich kam er Anfang dieser Woche aus Odessa wieder; mit dieser Reise überraschte er uns alle. In einer langen E-Mail beschrieb er seine Eindrücke und wir möchten gerne Auszüge daraus teilen, denn wir sind beeindruckt und berührt davon. Hier also ein paar Zitate von ihm:

"Mahlzeit,

war die letzten zwei Tage in Odessa. Warum? Ich bin der festen Überzeugung, dass die Ukrainer nicht nur für ihre eigene Freiheit kämpfen, sondern auch unsere freiheitlichen Werte verteidigen. (...) Die Ukrainer verdienen also jede Hilfe, und ich werde nicht auf meinem Hintern sitzen, um mir in zehn Jahren Vorwürfe zu machen, ich hätte nicht alles getan, um ihnen zu helfen. Unsere Bundesregierung und unser Bundestag sind mir zu bräsig, zu bequem, zu saturiert, zu mutlos."

Am vergangenen Freitag kommt Florian in Odessa an und trifft Mascha Kalenska, eine der Gründerinnen von Bake for Ukraine. Gemeinsam besuchen sie das Restaurant 'Dizyngoff', die Wirtin heißt Nika.

"Nika stellt Essenspakete für die Soldaten zusammen, so dass diese nicht nur die Standardprotionen bekommen sondern auch etwas netteres, ab und zu. Auf dem Rückweg zum Hotel (ab 23 Uhr ist Ausgangssperre bis 5 Uhr morgens) zeigt mir Mascha wie viele Restaurants wegen des Kriegs zumachen mussten. Viele, viele leerstehende Läden. Die Lichter in der Stadt werden gelöscht."

Am Samstag besucht Florian die Sauerteigbäckerei DOU, dort lernt er Ilja und Slava kennen:

"Die zwei Köche haben Anfang 2022 die Bäckerei mit einfachsten Mitteln aufgemacht und durch sehr viel autodidaktisches Lernen einen funktionierenden Betrieb mit hoher Qualität auf die Beine gestellt. DOU verfügt über 25qm und einen kleinen Ofen, sowie einen 15kg Spiralkneter. Jeden Tag werden 100kg Brot produziert. Ohne Hefe, nur mit Sauerteig, wie wir es tun nach dem Prinzip Mehl, Salz, Wasser und Handwerk. (...) Du viert fahren wir zu einem Flüchtlingsversorgungspunkt. Eine Schlange von Flüchtlingen aus den okkupierten Gegenden. Es ist wie im März am Hauptbahnhof in Berlin. Das Nötigste wird zur Verfügung gestellt. Und die Not ist unglaublich. Hier bringen Ilja und Slava einen Teil ihrer Brote her. Danach fahren wir zu einem weiteren Versorgungspunkt. Hier werden aber nicht nur Flüchtlinge unterstützt sondern auch Soldaten. Frauen (die meisten Männer dienen) stellen Uniformen, Tarnnetze, Stiefel, Schuhe, Hosen, Jacken, Taschen, Fahnen,… her und schicken sie an die Front."

Danach fahren sie in eine Restaurant am Strand:

"Es ist surreal – wunderschönes Wetter, gutes Essen und ein Strand, der von Menschen besucht wird, der aber auch von Minen verseucht ist. Plötzlich fangen alle Menschen im Restaurant an aufgeregt zu babbeln und zu lachen. Die Kertsch-Brücke brennt. Das ist Anlass großer Freude, ist es doch ein Prestigeprojekt für Putin. Mit einem Lachen sagt Mascha – heute Nacht wird es Alarm geben, Putin wird richtig sauer sein."

Abends zurück im Hotel, es gibt wieder Alarm:

"Diesmal gehe ich für 45 Minuten in Deckung, mir ist mulmig, ich will nicht neben Scheiben stehen oder sitzen oder schlafen. Um 22 Uhr gehe ich ins Bett.

Gegen 1.30 Uhr wieder Alarm. Runter in den Schutzraum, warten. Es dauert 20 Minuten, dann gehe ich wieder ins Bett. Diesmal haben die Russen getroffen, in Saporischja ist sie eingeschlagen und hat einen Wohnblock zerstört, 17 Tote."

Nun ist Florian Domberger wieder in Augsburg und bald zurück in Berlin. Er sagt:

"Das Engagement der Menschen für die Flüchtlinge und die Soldaten sowie die Wertschätzung des Lebensmittels Brot berühren mich. Was ich gesehen habe, bestärkt mich zu helfen. Wir werden jetzt ein kleines, feines System aufbauen. Mascha hat mich zu DOU gebracht, aber es gibt schon weitere Kandidaten zur Unterstützung: In Kijv, in Charkiv, in Butscha. Wir haben keine Zeit zu verlieren."

Das macht Florian Domberger gerade.